Nachgefragt bei Katleen Haefele: Vegane Trends und Chancen für die Gastronomie 2025
Vegane Ernährung bleibt auch 2025 ein bestimmender Trend in der Gastronomie und prägt zunehmend Snack- und To-Go-Angebote. Katleen Haefele von ProVeg gibt im Interview ihre Einschätzung zu Marktentwicklung, potenziellen Zielgruppen und internationalen Foodtrends. Sie gibt wertvolle Impulse, wie Gastronomen von der wachsenden Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen profitieren können.
Wie schätzen Sie die Entwicklung der veganen Ernährung in Deutschland für 2025 ein? Gibt es bestimmte Zielgruppen, die besonders stark wachsen werden?
Katleen Haefele: Branchenbeobachter gehen davon aus, dass der Konsum von pflanzlichen Nahrungsmitteln auch 2025 zunehmen wird. Die pflanzenbasierte Küche bleibt angesagt und ist die Zukunft.[1, 2] Der Fleischkonsum pro Kopf ist in Deutschland auf dem niedrigsten Stand seit Aufzeichnungsbeginn.[3] Über die Hälfte der Bevölkerung ernährt sich laut dem Ernährungsbericht des Landwirtschaftsministeriums flexitarisch, vegetarisch oder vegan. [4] Pflanzenbasiertes prägt den Speiseplan in Deutschland also immer erkennbarer. Den Menschen geht es um ausgewogene und vielfältige Angebote mit leckeren Alternativen und ohne strenge Vorgaben. Denn viele von ihnen, gerade die große Zahl der neugierigen Flexitarier, greifen gern zu veganen Produkten und Gerichten. Vier von zehn Menschen machen das inzwischen routiniert, auch beim Discounter.[5, 6] Als Zielgruppe treten neben Gen Z die geburtenstarken Babyboomer in den Vordergrund: jung gebliebene Menschen, die gern Neues ausprobieren und ein langes Leben genießen möchten.
Welche Ernährungsbedürfnisse werden 2025 eine zentrale Rolle für Verbraucher in der Gastronomie spielen, insbesondere im Bereich Snacks und To-Go-Angebote?
Katleen Haefele: Für Trendexperte Pierre Nierhaus heißt der wichtigste Gastro-Trend 2025: Natürlichkeit. Dafür sprechen Schlagworte wie Longevity: Lang leben, ohne alt zu werden. Viele Menschen tun ihrer Gesundheit, ihrer Wellness oder auch ihrer Fitness gern etwas Gutes. Pflanzliche Angebote finden dabei leicht ihren Platz. Vegification ist ebenfalls ein entscheidender Schlüsselbegriff: Klassisches pflanzlich umgesetzt. Gerade bei Süßwaren ist hier viel möglich, wie einige Hersteller im letzten Jahr bewiesen haben. Gerade wer mit einer pflanzlichen Rezeptur überrascht, kann für viel Gesprächsstoff sorgen. Dass kleinere Portionen Hauptmahlzeiten außer Haus immer öfter verdrängen, stärkt die gesamte Kategorie der Snacks. Satt machen soll es trotzdem. Für viele Verbraucher ist der Proteingehalt deshalb wichtig, aber auch Ballaststoffe, zum Beispiel aus Vollkorn, sättigen super und nachhaltig.
Welche neuen veganen Produkte oder Zutaten sehen Sie als potenzielle Trends für kleine Mahlzeiten in der Gastronomie?
Katleen Haefele: Der Trend zu Grill-Aromen hält an, und auch levantinische und indische Protein-Burger mit Falafel und Samosas haben Hochkonjunktur. Das gibt der Gastronomie viel Raum, mit Gewürzen zu spielen. Oder mit Farben, etwa bei neuen Kreationen wie Rote-Bete-Falafel. Umami-Aromen sind bei Verbrauchern ebenfalls sehr gefragt. Für den herzhaften Geschmack sorgen zum Beispiel Fermentiertes, Pilze und Algen. Der Umami-Trend funktioniert damit in jeder kulinarischen Richtung. Algen sind außerdem als Superfood in aller Munde. Viele Menschen möchten mit ihrer Ernährung etwas für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden tun und schätzen daher Superfoods, Zutaten mit sehr guten Nährwerten. In pflanzlichem Kaviar stehen Algen sogar für erlesenen Gourmet-Geschmack. Und natürlich freuen sich Verbraucher, wenn sie die Wahl haben: zwischen unterschiedlichen Soßen zu ihren Churros wie auch auf ihren Pommes, etwa als Loaded Fries mit Trüffel-Mayo. Das Schlüsselwort lautet: Varianten! Der Lebensmittel-Einzelhandel spielt dabei eine wachsende Rolle als Point-of-Sale für kleine Mahlzeiten: Wraps, Bowls und Sushi gehören zum etablierten To-Go-Angebot vieler Supermärkte. [7]
Wie können Gastronomen ihre Snack-Angebote an die wachsende Nachfrage nach pflanzenbasierten Alternativen anpassen, ohne traditionelle Kunden zu verlieren?
Katleen Haefele: Menschen sind neugierig. Eine attraktive Verkaufsaktion oder ein günstiges Einführungsangebot kann also viel bewirken. Überhaupt gilt: Essen ist für Menschen da – für alle Menschen. Die Restaurantkette Vincent nutzt deshalb den Zusatz „vegan“ nicht mehr im Namen und besinnt sich aufs Wesentliche: den Geschmack. Einige pflanzliche Alternativen zu tierischen Zutaten haben sich weithin etabliert. Zum Beispiel betrachtet jeder Fünfte in Deutschland pflanzliche Milch inzwischen als echte Alternative zu Kuhmilch. [8] Wenn Gastronomen im Milchreis dann etwa Kokosmilch verwenden, fügen sie der Süßspeise außerdem eine spannende Geschmacksnote als Plus hinzu. Meine Empfehlung lautet: Schritt für Schritt, Zutat für Zutat vorgehen, jedes geschmackliche Plus deutlich hervorheben, die Kunden ohne Scheuklappen durchaus dreidimensional denken und tolle Angebote machen, die Neugierige einfach mitreißen.
Welche Rolle spielen Themen wie Nachhaltigkeit und Regionalität bei der Auswahl veganer Zutaten für 2025?
Katleen Haefele: Der Lebensmittel-Einzelhandel beschäftigt sich derzeit intensiv mit Nachhaltigkeits-Berichterstattung und will teils künftig mehr pflanzliche Proteine anstelle tierischer anbieten. Neue pflanzenbasierte Snacks und To-Go-Mahlzeiten sind den Supermärkten also überaus willkommen. Trendforscherin Hanni Rützler betont, regionale Produkte würden vielen Verbrauchern als besonders hochwertig gelten. Regionale Nahrungsmittel können damit gerade dem Einstieg in eine gesundheitsbewusste Ernährung dienen.
Welche internationalen Foodtrends könnten 2025 auch den deutschen Markt für pflanzliche Produkte in der Gastronomie beeinflussen, insbesondere im Bereich Snacks und kleine Mahlzeiten?
Katleen Haefele: Fusion confusion ist erlaubt: Die kosmopolitische Fusion-Küche vereint verschiedene internationale Richtungen ganz selbstverständlich – mexikanische Guacamole neben levantinischem Hummus, japanische Mochis neben französischen Macarons oder an italienischer Eiscreme. Auch bei den Zutaten darf es mutiger sein, beobachtet Trendforscherin Karin Tischer: Schokocreme aus Marillenkernen verspricht zum Beispiel ein mandelartiges und zugleich süß-saures Aroma. Wer gern auf Entdeckungsreise geht, greift da erwartungsvoll zu. [9]
Welche neuen Technologien oder Entwicklungen in der Lebensmittelindustrie könnten vegane Snack-Optionen verändern?
Katleen Haefele: Myzel, das fadenförmige Geflecht von Speisepilzen, wächst in nur wenigen Tagen und braucht dabei kaum Ressourcen, kann Produkten aber vielfältige tolle Texturen verleihen: zum Beispiel einen fleischigen Biss. Fermentationstechnologien liefern wiederum wunderbar herzhafte Geschmacksnoten. Sie lassen sich ideal mit myzelbasierten Produkten kombinieren, wie die Besucher der New Food Conference letzten Herbst probieren durften.
Und zum Abschluss: Was ist Ihr persönlicher pflanzlicher Lieblingssnack?
Katleen Haefele: Ich mag es grundsätzlich am liebsten herzhaft und liebe Bowls, Bowls, Bowls in allen Varianten. Im letzten Jahr habe ich aber auch einen tollen mexikanischen Snack für mich entdeckt: frisches Obst mit scharf-saurer Chili-Tamarinden-Soße. Unbedingt ausprobieren!
Über Katleen Haefele
Katleen Haefele ist Leiterin des Bereichs Corporate & Institutional Engagement bei der Ernährungsorganisation ProVeg. Seit mehr als 20 Jahren ist sie im Nachhaltigkeitsbereich tätig, motiviert von dem Bestreben, zukunftsfähige Lösungen für die Menschen und den Planeten zu finden. Seit 2016 arbeitet sie bei ProVeg mit den einflussreichsten Akteuren der Lebensmittelbranche, um den gesellschaftlichen Wandel hin zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Ernährung zu beschleunigen.
Quellen
[1] Pierre Nierhaus Consulting GmbH (2025): Gastro-Trendreport 2025/26.
2] Rützler, H. & W. Reiter (2024): Foodreport 2025, Zukunftsinstitut GmbH.
[3] Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2024): Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch sinkt auf unter 52 Kilogramm, veröffentlicht am 04.04.2024.
[4] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2024): Deutschland, wie es isst – Der BMEL-Ernährungsreport 2024, veröffentlicht am 24.09.2024.
[5] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2024): Deutschland, wie es isst – Der BMEL-Ernährungsreport 2024, veröffentlicht am 24.09.2024.
[6] YouGov (2024): Die Veränderung der pflanzlichen Alternativen – es brodelt unter der Decke, YouGov Shopper Panel.
[7] foodservice (2025): Die Gastronomisierung des Handels, veröffentlicht am 20.01.2025.
[8] YouGov (2024): Die Veränderung der pflanzlichen Alternativen – es brodelt unter der Decke, YouGov Shopper Panel.
[9] foodservice (2024): 6 Trends, die den Außer-Haus-Markt derzeit prägen, veröffentlicht am 11.07.2024.