Interview ProVeg – Darum boomt der Markt für pflanzliche Alternativen
Vegane und vegetarische Produkte und Mahlzeiten befinden sich auf starkem Wachstumskurs. snackconnection sprach dazu mit Katleen Haefele, International Head of Food Services & Events bei ProVeg. Haefele zeigt im Interview die Entwicklungen beim vegan-vegetarischen Angebot im Außer-Haus-Markt auf und welche veganen Zutaten zur Zeit gefragt sind. Außerdem gibt sie Tipps, wie vegane Snacks ganz einfach ins Sortiment integriert werden können.
Der Markt für pflanzliche Alternativen boomt. Was sind die wichtigsten Entwicklungen und wie sind die Zukunftsaussichten?
Das stimmt, wir sehen in nahezu allen Kategorien einen deutlichen Anstieg bei der Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen. In den letzten zwei Jahren ist der vegane Markt in Deutschland um satte 97 % gewachsen – unglaublich aber wahr, das hat eine Marktanalyse von uns auf Basis von Nielsen-Daten dieses Jahr gezeigt. Unternehmen richten sich mit ihren pflanzlichen Produkten vor allem an die breite Masse jener Verbraucherinnen und Verbraucher, die unkompliziert ihren Tierkonsum reduzieren wollen, ohne sich dabei auf große Veränderungen in Geschmack und Gewohnheiten einlassen zu müssen. Außerdem sind Alternativprodukte auch für angehende Veggies eine gute Unterstützung, um den Übergang von alten zu neuen, tierfreien Essgewohnheiten einfacher zu gestalten. Insbesondere der Markt für Milchalternativen ist derzeit im Aufwind. Eine Marktforschungsstudie geht davon aus, dass er bis 2026 jährlich um durchschnittlich 9,1 % anwachsen wird. Ein klarer Trend, den auch der Außer-Haus-Markt zum Anlass nimmt, pflanzliche Alternativen in seine Speisekarten zu integrieren. Eine genauso wichtige Rolle spielen Fleischalternativen: Die renommierte Unternehmensberatung A.T. Kearney erwartet auf globaler Ebene einen Rückgang des Marktanteils von herkömmlichem Fleisch um 40 % bis 2040 und prophezeit einen Zuwachs an Alternativprodukten und kultivierten Produkten durch Qualitätssteigerung der Produkte und die dadurch wachsende Nachfrage.
Welche Entwicklung beobachten Sie im vegan-vegetarischen Angebot im Außer-Haus-Markt?
Die pflanzliche Ernährung ist fester Bestandteil im Außer-Haus-Markt geworden. Ob Betriebs- und Hochschulgastronomie, Schnellrestaurants, gehobene Gastronomie oder Care-Segment – viele Unternehmen haben diese Entwicklung erkannt und ihr Angebot um zusätzliche pflanzenbasierte Gerichte erweitert, um sich auf die rasant wachsende Zielgruppe einzustellen. Inzwischen greifen immer mehr Menschen aus gesundheitlichen Gründen – oder einfach weil es schmeckt – zu tierfreien Produkten. Produzenten und Zulieferer bauen ihre Produktionen weiter aus und investieren in den Bereich, sodass sich die Verfügbarkeit pflanzlicher Produkte im Außer-Haus-Markt kontinuierlich verbessert. Wir beobachten, dass sich führende Marktgrößen gegenseitig mit pflanzlichen Neueinführungen überbieten, um sich ihren Anteil am wachsenden Markt der vegan, vegetarisch und flexitarisch lebenden Menschen zu sichern. Wir empfehlen daher allen Betrieben, ihre Optionen auszubauen und ihren Gästen täglich rein pflanzliche Gerichte anzubieten.
Welche veganen Zutaten sind zurzeit besonders gefragt?
Leckere pflanzliche Gerichte und Snacks lassen sich aus unglaublich vielen unterschiedlichen Hülsenfrüchten und Gemüsearten zubereiten. Derzeit sind vor allem Produkte mit Clean Label sowie regionale Zutaten hoch im Kurs. Bei Herstellern besonders gefragt sind daher ressourceneffiziente und heimische Proteinquellen, zum Beispiel Hanf, Ackerbohne, Lupine, Erbse oder heimisch angebautes Soja. Auch Hafer dient zunehmend als Rohstoff, in erster Linie für Milch- und Milchproduktalternativen. Und da der Markt für Fischalternativen rasant wächst, sind auch Algen ein derzeit sehr beliebter Rohstoff.
Wie wichtig ist es auch vegane Snacks in der Gastronomie anzubieten, anstelle von rein vegetarischen Gerichten?
Auch das Snackgeschäft zeichnet sich heutzutage durch eine steigende Nachfrage nach Veggie-Optionen aus. Aktuelle Trends wie Clean Eating oder Healthy Hedonism begründen sich auf Konzepten, in denen die pflanzliche Küche ein wichtiger Bestandteil ist. Für Allergikerinnen und Allergiker sind zum Beispiel laktosefreie Optionen wichtig. Und gerade Snacks sind oft sehr leicht zu „veganisieren”. Viele Menschen greifen bewusst zu Snacks mit gesundheitlichem Mehrwert – als Brainfood für Zwischendurch, zum Beispiel Energieriegel, Smoothies, Salate oder Vollkornbrötchen. Aber nicht nur der gesundheitliche Aspekt, sondern auch Werte wie Nachhaltigkeit und Fairness spielen für Verbrauchende eine immer größere Rolle. Ökologisch gesehen tragen rein pflanzliche Snacks zu einer besseren Klimabilanz des Unternehmens bei: Tauscht man etwa Kuhmilchjoghurt (1,7 Kilogramm Treibhausgase pro Kilo) gegen Sojajoghurt (0,6 Kilogramm Treibhausgase pro Kilo) oder Kuhmilchsahne (4,2) gegen Hafersahne (0,6), kann eine erhebliche Einsparung der Treibhausgase erzielt werden.
Wie können vegane Snacks und kleine Mahlzeiten in das Sortiment integriert werden?
Fettige Pommes als Snack für Zwischendurch war gestern: Der Trend wandelt sich immer mehr hin zu einer gesunden Minispeise. Als süße Snacks eignen sich vor allem Frühstücksangebote in Mehrwegbechern, die Gastronomen auch ganztägig anbieten können. Hier ist ein Hafer- oder Sojajoghurt mit Cerealien und Früchten immer eine gute Wahl. Beliebte herzhafte To-Go-Angebote sind Wraps, belegte Brote und Brötchen, Bowls oder Salate mit separatem Dip, Suppen und Smoothies. Generell wissen Gäste hochwertige Zutaten im Snackbereich sehr zu schätzen. Die Bezeichnung für solche Speisen ist „Fast Good” statt „Fast Food”, weil immer mehr Menschen gesunde Lösungen als Zwischenmahlzeit bevorzugen.
Welche Zutaten sollten Gastronomen in veganen Snacks verwenden, damit sich deren Kunden ausgewogen ernähren?
ehr wichtig sind pflanzliche Proteine, komplexe Kohlenhydrate und mehrfach ungesättigte Fettsäuren – genau wie bei Mahlzeiten und Speisen auf tierischer Basis sorgen diese für Sättigung und Geschmack. Proteine können über Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse, Kerne und Samen zugeführt werden. Fettquellen sind vor allem Nüsse, Kerne und Samen (sehr wichtig sind Walnüsse und Leinsamen, da sie Omega-3-Fettsäuren beinhalten). Auch hochwertige pflanzliche Öle können eine gute Ergänzung sein, zum Beispiel in Aufstrichen oder herzhaften Snacks. Bei Getreideprodukten gilt dieselbe Empfehlung wie bei Mischkost: am liebsten Vollkorn. Last but not least – Gemüse und Obst gehen immer und sollten unabhängig von der Kostform zu jeder Mahlzeit gegessen werden!
Beispiel-Snacks:
Obstsalat mit Sojajoghurt und Nusstopping, Sandwich mit Hummus und Grillgemüse, Vollkornbrot mit Schwarze-Bohnen-Aufstrich, Salate mit Hülsenfrüchten und Gemüse, Kürbis-Kokossuppe mit Kichererbsen, Gemüsesticks mit Erdnussmus- und Sojajoghurtdip
Wie wird sich die Nachfrage nach veganen Produkten in den nächsten fünf bis zehn Jahren Ihrer Ansicht nach entwickeln?
Heute gibt es mehr Interesse an ethischer Ernährung und nachhaltigen Kaufentscheidungen als jemals zuvor. Wir kommen an die Grenzen unseres Ökosystems – und damit geht ein Bewusstseinswandel einher. Treiber für die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Gerichten sind Millennials, die in 10 Jahren zu den Entscheidungsträgerinnen und -trägern gehören und die pflanzliche Verpflegung noch weiter voranbringen werden. Niemand spricht heute noch von einem kurzfristigen Trend. Um im Jahr 2050 mehr als 10 Milliarden Menschen ernähren zu können, müssen wir stark auf die pflanzliche Versorgung setzen und in neue Technologien der Landwirtschaft sowie kultivierte Fleischprodukte investieren.
Und zum Abschluss: Was ist Ihr persönlicher veganer Lieblingssnack?
Ich greife am liebsten zu Gemüsesticks mit Hummus. Und wenn es doch mal etwas Süßes sein soll, fällt meine Wahl auf Energy Balls – diese lassen sich im Handumdrehen zubereiten und sind ideal für unterwegs.
Weitere Ideen, Rezepte und Anregungen für Ihr veganes und vegetarisches Snack-Angebot gibt es hier:
Vegetarisch und vegan entdecken
Über ProVeg
ProVeg ist eine international tätige Ernährungsorganisation, die sich dafür einsetzt, das globale Nahrungsmittelsystem zu transformieren. Durch den Einsatz der Nichtregierungsorganisation für pflanzliche und kultivierte Alternativen werden konventionelle Tierprodukte überflüssig. ProVeg arbeitet mit internationalen Entscheidungsgremien, Regierungen, Nahrungsmittelproduzenten, Investorengruppen, den Medien und der breiten Öffentlichkeit zusammen, um den weltweiten Übergang zu einer Gesellschaft und Wirtschaft zu unterstützen, die weniger von der Tierhaltung abhängig und nachhaltiger für Menschen, Tiere und den Planeten sind.
Über Katleen Haefele
Katleen Haefele ist Leiterin der Abteilungen Food Services und Events bei ProVeg. Nach dem Abschluss ihres Diplom-Ingenieurs in Umweltschutz sowie ihres Masters in Umwelt und Bildung arbeitete sie zunächst als freiberufliche Bildungsreferentin und als Mitorganisatorin von Deutschlands größter Verbrauchermesse für nachhaltigen Konsum. Schon immer motiviert von dem Bestreben, zukunftsfähige Lösungen für die Menschen und den Planeten zu finden, arbeitet sie in ihrer Rolle bei ProVeg seit 2016 mit den einflussreichsten Akteuren der Branche, um den gesellschaftlichen Wandel hin zu einer nachhaltigen Lebensweise zu beschleunigen.
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